07.SEPTEMBER 2025
ANNABERG-LUNGÖTZ
„ich spinne so oft wie möglich“

Schafe bevölkern oft die Wiesen und Almen im Tennengau. Sie tragen weiße, graue, bräunliche oder weiß-schwarze wollene „Mäntel“. Aus dem wärmenden Vlies der Vierbeiner spinnt die über 80-jährige Maria Kronreif aus Abtenau feine Wolle. Daraus stricken Lammertalerinnen Hauben, Socken und Fäustlinge.

„ich spinne so oft wie möglich“
Maria spinnt beim HeuArt-Fest in Abtenau

Maria ist eine “Spinnerin” wie aus dem Bilderbuch. Seit ihrer Jugend frisiert sie sich eine „Gretlfrisur“. Dazu flechtet sie ihr langes, Haar zu zwei Zöpfen und schlingt diese – nach alter Tradition – wie eine Krone um ihr Haupt. Wenn das Spinnrad surrt, verbreitet sich eine ruhige und angenehme Atmosphäre im Raum.  Sobald es die Temperaturen erlauben, sitzt sie auf der Hausbank, spinnt und genießt die Sonne. Auch bei Brauchtumsveranstaltungen zeigt sie gerne diese alte Handwerkskunst.

„ich spinne so oft wie möglich“
Wiesbachbäuerin Maria Kronreif auf dem Spinnrad

Ich durfte der Wiesbach-Bäuerin zusehen wie sie mit flinken Händen aus Vlies feines Garn anfertigt. Während sie mit einem Fuß das Pedal des Spinnrades gleichmäßig tritt und das Rad surrt, zieht sie mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand die Fasern der Schafwolle gleichmäßig auseinander. Maria dreht oder zwirbelt sie auf bereits verzogenen Fasern. So entsteht der Faden. Auf der Spule bildet sich mit der Zeit ein Fadenhäufchen. Durch Umlegen des Fadens auf Haken am Spinnflügel wird die Spule gleichmäßig gefüllt. Ist die Spule voll, wickelt sie den gesponnenen Faden von der Spule auf ein Knäuel auf. „Die Kunst beim Spinnen ist das gleichmäßige Treten und dabei die Fasern der Wolle so auseinander zu ziehen, dass ein gleichmäßiger Faden entsteht“, erklärt Maria. Das erfordere viel Übung.

„ich spinne so oft wie möglich“
Spule mit Wolle
„ich spinne so oft wie möglich“
Zwei verschiedene Farben auf den Spulen

Neben dem Spinnrad steht ein Korb voll feiner, weicher Rohwolle. Sie ist weiß oder leicht beige. Aus beiden Wollfarben spinnt sie feine Fäden. Dann werden diese mit Hilfe des Spinnrades zusammengedreht. Melierte Wolle entsteht. Auf die Frage ob sie auch Stroh zu Gold spinnen kann, lacht sie und erzählt. „Ich habe als Kind Kühe gehütet und dabei immer Märchen gelesen. Da sind die Kühe öfter über die Grundgrenze ausgebüchst und ich habe es nicht gemerkt.“ Stroh zu Gold spinnen könne sie aber leider nicht.

Als 15-Jährige hat Maria das Spinnen von ihrer Mutter gelernt. Das bald 60 Jahre alte Spinnrad hat sie von ihr als junge Bäuerin geschenkt bekommen. Seither spinnt die sechsfache Mutter so oft sie Zeit hat. „Das Spinnen ist eine ruhige Tätigkeit und erhält meine Fingerfertigkeit“, sagt die Tennengauerin.

„ich spinne so oft wie möglich“
Wolle und Vlies

Bauern aus dem Lammertal bringen ihr die Rohwolle. Nach der Schafschur wird sie in kaltem Wasser mit Kernseife so lange gewaschen bis das Wasser ganz sauber ist und keine Rückstände mehr zu finden sind. Dann wird die gereinigte und getrocknete Wolle mit einer speziellen Maschine gekämmt bis sie gleichmäßig und weich ist. Danach spinnt Maria die Rohwolle zu feinem Garn. Befreundete Bäuerinnen stricken aus dem weißen, beigen, braunen und schwarzen Garn Socken, Hauben und Fäustlinge (Handschuhe). Diese werden bei Bauernherbst-Festen und vor Weihnachten in Abtenau und Rußbach verkauft. Den Reinerlös spendet die Tennengauerin ihrer Schwester Klara. Diese betreut in Bolivien als Missionsschwester Straßenkinder.

Wer sich für das Spinnen interessiert oder Gestricktes aus selbstgesponnener Schafwolle kaufen möchte, kann Maria unter der Telefonnummer 0664 787 2507 erreichen.

„ich spinne so oft wie möglich“
Socken, Handschuhe und Hauben können bei Maria gekauft werden.

Bildnachweis: Christine Fröschl

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